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Samstag, 30.08.2025 19:43 Uhr

Artikel im Hamburger Abendblatt

Oberliga Hamburg

FC Teutonia 05: Topteam statt Absteiger Nummer eins?

Hamburg. Als Schießbude der Oberliga verspottet stürmt der FC Teutonia 05 in die Spitzengruppe. Verein besinnt sich an der Kreuzkirche auf seine Wurzeln.

Von , Freier Mitarbeiter

23.08.2025, 11:38 Uhr

Voller Selbstvertrauen! Teutonias Schütze des 2:0, Kapitän Caner Bektas (Mitte), glaubt an eine starke Saison seiner Mannschaft.© FUNKE Foto Services | Thorsten Ahlf

Nach dem verdienten 3:1 (1:0) gegen den HEBC vor 175 Fans an der heimischen Kreuzkirche in Ottensen macht Kapitän Caner Bektas (20) eine klare Ansage. „Die Oberliga Hamburg darf mit uns rechnen. Wir können oben mitspielen.“ Nach den Debatten infolge des Rückzugs der Teutonen aus der Regionalliga Nord liest es sich absurd: Im Topspiel des kommenden Wochenendes der Oberliga Hamburg trifft der Tabellenzweite TuS Dassendorf (zwölf Zähler) auf die punktgleich auf Platz vier rangierenden Teutonen.

Dabei hatten Amateurfußballfans und Experten im FC Teutonia 05 dieser Saison eher einen zweiten SV Lurup vermutet. In der Saison 2015/16 ließ der SVL in finanzieller Notlage seine zweite Mannschaft aus der Kreisliga in der Oberliga Hamburg kicken. Es wurde ein historisches Debakel mit einem Punkt aus 34 Partien und 13:252 Toren.

FC Teutonia 05: Kein zweiter SV Lurup

Im spekulativen Drehbuch der Pessimisten hätte Teutonia nach dem durch den Regionalliga-Rückzug bedingten Abgang aller seiner Spieler in diesem Sommer in dieser Saison sein Bezirksligateam ins Feuer geschickt. Ergänzt mit einigen wenigen ebenfalls nicht oberligatauglichen Akteuren.

Teutonias neues Trainerteam Mehdi Saeedi-Madani (44, mit Mütze) und Martin Heilemann (34) hat mit vielen Talenten im Kader einen Topstart hingelegt.© FUNKE Foto Services | Thorsten Ahlf

Es ist anders gekommen. Der neue Trainer Medhi Saeedi-Madani (44), ein impulsives Kraftwerk auf zwei Beinen und während des Spiels gegen den HEBC vor lauter Anspannung selten innerhalb seiner Coachingzone unterwegs, hat gemeinsam mit dem neuen sportlichen Leiter Marc Hartmann (39, gegen den HEBC privat verhindert) offenbar die Quadratur des Kreises geschafft.

Trainerteam



Teutonias Talente: Kein Spieler älter als 25 Jahre

Am für nur 60.000 Euro Etat zusammengestellten 28er-Kader – die Spieler erhalten eine Aufwandsentschädigung von bis zu 150 Euro pro Monat und 20 Euro pro Punkt – ist das hervorragende Netzwerk des Duos Madani/Hartmann ablesbar. Ein Haufen Talente tummelt sich da, einige davon wie Torwart Phil Kolvenbach (21., vom Regionalligisten FC St. Pauli II) oder Angreifer Arbes Tahirsylaj (22, vom Landesligisten HSV II) durchaus namhaft.

Kein Spieler ist älter als 25 Jahre. Auch um den jungen Burschen in ihrer Wochenendplanung entgegenzukommen, ist Teutonia nach seiner Rückkehr aus dem Stadion Hoheluft zur Kreuzkirche nicht zur alten Anstoßzeit am Sonntag um 10.45 Uhr zurückgekehrt, trägt seine Heimspiele am Freitagabend um 19.30 Uhr aus.

Teutonias Trainer war auch beim HSV

Viele seiner in die Oberliga-Spitzengruppe gestürmten Jungs hat der im Jugendbereich erfolgreiche Iraner und UEFA-A-Lizenzinhaber Madani (unter anderem Trainer der HSV U 18, DFB-Stützpunkttrainer, Coach diverser Jugendteams des Eimsbütteler TV) schon bei anderen Teams trainiert. „Genugtuung über unseren guten Start empfinde ich keine. Darum geht es im Fußball nicht“, sagt Madani, nachdem er seine Spieler im Kreis vor dem „Humba-Tätera“-Siegestanz noch einmal geistig gefordert hatte.

Nach jeder Partie wird beim FC Teutonia 05 nun vom Team die positive Überraschung des Spiels (Keeper Kolvenbach wegen seines Assists zum 3:0), der beste Spieler (Innenverteidiger Ryusei Abe) und der Kulturspieler des Spiels gewählt, der die taktischen Prinzipien des Teams auf dem Feld am besten umgesetzt hat (der eingewechselte Makan Akpinar, der unter anderem mit einer fairen Monstergrätsche ein Tor vereitelte).

Trainer Madani: „Beste Entwicklungsmannschaft der Oberliga“

„Unser Saisonziel ist klar“, so Madani im Interview mit dem Abendblatt. „Wir wollen die beste Entwicklungsmannschaft der Oberliga Hamburg werden.“ Unterstützt wird das auch von den Anhängern, die ihre Spieler nach dem im Sommer 2020 mit dem Regionalliga-Aufstieg erfolgten Umzug an die Hoheluft nun wieder in ihrem Stadtteil direkt vor der Haustür spielen sehen können. Viele von ihnen halten nach dem Sieg mit ihren neuen Helden vor den Kabinen noch ein Schwätzchen.

Prost! Teutonias Fans Sascha, Dennis, Rainer, Philip und Tobi (von links vorne im Uhrzeigersinn) lassen es sich im Clubheim an der Kreuzkirche gut gehen.© FUNKE Foto Services | Thorsten Ahlf

Bezüglich der fünfjährigen Ära ihres Vereins in der Regionalliga ergibt sich hier ein differenziertes Bild. „Es ist schön, wieder an der Kreuzkirche zu sein“, sagt Teutonia-Fan Rainer. „Die Sponsoren haben ihr Ziel 3. Liga nicht erreicht. Aber sie haben unserem Verein finanziell auch keinen Schaden zugefügt.“



Teutonias Torwarttrainer: „Haben sich hier nie blicken lassen“

Clubwirt und Platzwart Klaus Müller (75) ist über den Rückzug „sehr enttäuscht“. Die vielen Auswärtsfahrten in der Regionalliga und die Betreuung sowie gastronomische Versorgung des Ex-Teams dort haben ihm Spaß gemacht. Das neue Team mag er dennoch, hofft auf mehr Umsatz bei den Heimspielen.    

Paule Tiedemann (52), Torwarttrainer der zweiten Mannschaft und auch im Torwarttrainerteam der Oberligamannschaft im Einsatz, sieht das Abenteuer Teutonias mit Profifußball-Ambitionen hingegen kritisch. „Die Integration der Regionalligamannschaft im Verein hat gefehlt. Die Spieler haben sich hier nie blicken lassen. Trotz der Lotto-Pokalsiege und der Teilnahmen am DFB-Pokal habe ich mich gefragt: Was haben wir im Verein davon, wenn unser Team nicht mehr in Ottensen spielt?“, sagt Tiedemann.



Teutonias neuer Sponsor ermöglicht VIP-Bereich

Die Verankerung des Vereins im eigenen Stadtteil als Präsident zu managen obliegt Siegmar Kuntze (64). Seit Mai 2024 ist er im Amt, richtete den Verein nach dem Rückzug der alten Sponsoren, mit denen er nicht auf einer Wellenlänge lag, neu aus. Er freut sich über den gesicherten Etat, die neue LED-Flutlichtanlage, die Umgestaltung des Bezirksligateams zum U-23-Talentschuppen und Sponsor dship, der für einen kleinen, fünfstelligen Betrag einen neuen VIP-Bereich zum Bier- und Wurstverzehr ermöglicht hat.

In den nächsten Wochen sollen weitere Sponsoren für den neuen FC Teutonia 05 an Bord geholt werden. „Wir suchen unter anderem noch einen Trikotsponsor“, sagt Kuntze. Dabei blickt er auf ein Plakat hinter einem der Tore. „Teutonia lebt – In Ottensen, für Ottensen“, steht darauf. Kapitän Caner Bektas hat davor mit in den Himmel gereckter, geballter Faust sein 2:0 bejubelt.

Präsident Kuntze: „Zurück zu unseren Wurzeln“

„Mir geht das Herz auf, wenn ich unsere Jungs jetzt kicken sehe“, sagt Kuntze. „Und ich hoffe, wir werden viele Zuschauer auf unserem Weg zurück zu unseren Wurzeln begeistern können.“